Wenn du noch nie im Coaching oder Therapie warst, hier ein paar Tipps.
Fühlst du dich mit dem Menschen, der dir da gegenüber sitzt, wohl? Das ist wirklich das Allerwichtigste. Du wirst wahrscheinlich über Dinge sprechen, die nicht sehr angenehm sind, vielleicht weinen, dich vermutlich auch mal schämen. All das ist einfacher, wenn du die andere Person im Raum nett findest und dich mit ihm oder ihr wohlfühlst.
Oft merkt man das ja ziemlich schnell, ob die Chemie stimmt, aber eine Möglichkeit es herauszufinden ist darüber nachzudenken, zu wem du sonst am liebsten gehst, wenn etwas schwierig ist. Wer ist das, was findest du an der Beziehung zu der Person hilfreich, was funktioniert da besonders gut?
Manche Leute müssen ihrem Ärger Luft verschaffen, andere möchten Feedback, wieder andere brauchen Werkzeuge und viele wollen eine Mischung aus allem. Wenn du schon weißt, was dir am meisten helfen wird, hast du dann das Gefühl, daß der Coach oder die Therapeutin das kann? Kannst du annehmen, was er oder sie sagt?
Alle Forschung und Untersuchung zeigen, dass die Beziehung zwischen Therapeut und Klient der wichtigste Faktor für den Erfolg von Therapie und Coaching ist. Diese Beziehung ist wichtiger als Erfahrung oder Methode - obwohl beides ebenfalls wichtig ist, spielt die Beziehung eine größere Rolle. Ein Coach oder Therapeut sollte natürlich gut ausgebildet sein und hilfreiche Methoden anwenden! Aber egal wie gut die Ausbildung oder Methodik ist, wenn die Chemie nicht stimmt, bringt es nicht viel: Vielleicht ist die Therapeutin hervorragend ausgebildet und hat großartige Fähigkeiten und langjährige Erfahrung, wird auch von vielen empfohlen, aber eure Arbeit wird nur wirklich effektiv sein, wenn du die Person akzeptieren und respektieren kannst, dich selbst akzeptiert und respektiert fühlst und irgendeine Art von Sympathie oder zumindest 'Verbindung' wahrnehmen kannst.
Also, dieselbe Therapeutin hat vielleicht das Leben irgendwelcher anderer Leute positiv und nachhaltig verändert, aber es kann für dich trotzdem überhaupt nicht passen. Es fühlt sich einfach nicht richtig an - und das ist völlig in Ordnung .
Wenn du deinen Therapeuten oder Coach nicht magst, wirst du wahrscheinlich nicht gerne von dir erzählen wollen - und schon gar nicht irgendwelche unangenehmen Dinge.
Aber wenn du darüber nicht sprichst, kommst du vielleicht nicht besonders gut voran. Und es ist schwierig, dir die Werkzeuge zu vermitteln, die du vermutlich brauchst, um etwas zu verändern.
Man nennt das die "therapeutische Allianz" - und dabei geht es um mehr als nur Sympathie. Es geht um die Qualität der Interaktion und Kommunikation zwischen Therapeutin und Klientin, also darum, wie gut beide an den Zielen des/der Klient*in zusammenarbeiten können. Im besten Fall seid ihr euch einig, was erreicht werden soll und ihr könnt ein vertrauens- und respektvolles Verhältnis entwickeln.
Also, wenn du ein Erstgespräch mit jemandem hast, versuche wirklich wahrzunehmen, wie es dir mit der Person geht. Ist es vielleicht besser, nochmal zu jemandem anderen zu gehen? Würdest du lieber mit einem Mann oder eine Frau arbeiten? Jemand in deinem Alter oder jünger oder älter? Spielen solche Dinge eine Rolle für dich? Ist es wichtig für dich, ob die Coach eine bestimmte Religion hat?
Denk' dran: Coaching und Therapie sind zu 100% deine Zeit. Du solltest nicht das Gefühl haben, daß dein Coach eine andere Idee von deinem Leben hat als du und auf eigene Vorstellungen hinarbeitet.
Vielleicht hast du überhaupt keine Idee, zu wem du gehen könntest. Die meisten Therapeutinnen veröffentlichen kaum etwas über ihr eigenes Leben, aber vielleicht kannst du trotzdem vorab schon einen kleinen Eindruck bekommen wenn du ihre Website siehst, ihr Foto, oder durch die Art wie und was sie schreiben.
Du solltest das Erstgespräch wirklich dafür nutzen, Fragen zu stellen und so einen Eindruck zu bekommen. Wie geht es dir mit den Antworten, die du bekommst? Frage danach, wie der/die Coach andere Leute unterstützt hat, die ähnliche Ziele hatten wie du. Du kannst auch einfach fragen: "Wie läuft Coaching oder Therapie bei dir? Was ist hier wichtig?"
Die Antwort auf diese Frage wird dir einiges sagen. Ich zum Beispiel glaube, daß alle Bereiche deines Lebens ineinandergreifen und werde darum auch über alle Bereiche mit dir sprechen wollen. Es ist mein therapeutischer Ansatz, dich als Gesamtperson zu sehen: "all of you" sozusagen. Aber ich bin auch ausgebildet in kognitiver Verhaltenstherapie, also werde ich auch viel nach deinen Gedanken fragen - und die Verhaltensweisen und Gefühlen, die daraus resultieren. Andere Therapeutinnen haben andere Schwerpunkte.
Wenn du weißt, was du durch Coaching oder Therapie erreichen willst, willst du auch einen jemanden, der/die dich darin unterstützen kann.
Es ist auch gut zu fragen, ob du 'Hausaufgaben' bekommst, also Dinge, die du zwischen den Sitzungen ausprobieren kannst - und wenn ja, wie die etwa aussehen werden.
Nach deinem Erstgespräch gibt es zwei wichtige Fragen:
• Wie geht es mir, wenn ich mit dieser Person in einem Raum sitze? Fühle ich mich verstanden und gesehen?
• Hat diese Person etwas gesagt oder gefragt, das mich dazu gebracht hat, einen Moment innezuhalten und eine andere Perspektive zu sehen, einen neuen Gedanken zu entwickeln?
Wenn du diese beiden Fragen positiv beantworten kannst, bist du vermutlich am richtigen Ort. Ich denke, dass Therapie ein enormes Potenzial für jeden hat, der/die mehr Lebensfreude und Zufriedenheit möchte. Aber es erfordert eben auch, dass man die Arbeit auch außerhalb der Sitzungen fortsetzt. Ich finde es lohnenswert, weil die längste Beziehung, die wir jemals haben, die mit uns selbst ist - und dafür Zeit und Sorgfalt zu investieren, ist einfach richtig.
Und auch wenn das jetzt alles nach 'viel zu Bedenken' klingt, es ist wirklich die Mühe wert - wenn du jemanden findest, mit dem/der du gerne sprichst, ist das unbezahlbar.
Mein wichtigster Tip: nutze das Coaching oder Therapie nicht nur für all das, was "nicht stimmt" in deinem Leben, sondern auch als Raum in dem du darüber sprechen kannst, wie du dein Leben gestalten willst, wie du leben willst, was du dich gerne trauen möchtest.
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